Dass ich den Norden Chiles in meine Rundreise durch Chile integrieren würde, war von Anfang an glasklar. Denn es waren die Bilder der außergewöhnlichen Landschaft der Atacama-Wüste, die meine Entscheidung, nach Chile zu reisen, stark beeinflusst und bestärkt haben. Wüstenlandschaften haben mich mit ihren unendlichen Weiten schon immer fasziniert, aber auch die Landschaft des Valle de la Luna, bei der man das Gefühl bekommen könnte, auf dem Mond gelandet zu sein, die blubbernden Geysirfelder auf 4300 Höhenmetern oder die fast unwirklich aussehenden, farbenreichen Lagunen im chilenischen Hochland hatten eine unglaublich anziehende Wirkung auf mich. Und dann eröffnete die Atacama-Wüste auch noch die Möglichkeit, mir einen ganz besonderen Reisetraum zu erfüllen: einen Besuch des Salar de Uyuni in Bolivien.
Die Wüstenoase San Pedro de Atacama
Mit einer riesigen Vorfreude trudele ich in der kleinen Wüstenoase San Pedro de Atacama ein. Das Dorf ist der Ausgangspunkt für Ausflüge in die Umgebung und so wundert es kaum, dass sich im Verhältnis zur Größe des Ortes massenhaft Touristen durch die staubigen Straßen schlängeln. Und San Pedro ist wirklich überschaubar. Es besteht aus wenigen Sträßchen, auf denen es Unmengen an Souvenirshops und Reisebüros gibt. Auch Bars und Restaurants muss man nicht lange suchen. Außerdem gibt es einen kleinen Dorfplatz, auf dem man auf Holzbänken im Schatten relaxen kann und eine Kirche in den für San Pedro typischen, hellen Lehmfarben. Meine Unterkunft (Hostal Campo Base) ist wie fast alle Unterkünfte in San Pedro völlig überteuert. Nichtsdestotrotz bin ich zufrieden. Mein Zimmer ist sauber und geräumig, außerdem gibt es einen gemütlichen und ruhigen Backyard mit Hängematten.
Trotz der vielen Touristen herrscht in San Pedro eine gelassene und entspannte Atmosphäre. Es gibt im Ort selbst nicht viel mehr zu tun, als sich von den Ausflügen zu erholen, die neuen Eindrücke zu verarbeiten und andere Reisende kennenzulernen. Und sofern man zwischen 15 und 16 Uhr einen Spaziergang durch das Dorf meidet, entkommt man auch den größten Touristenströmen. Zu der Zeit tummeln sich diese nämlich wie die Ameisen um die Reisebüros, von denen es täglich gegen 16 Uhr zu einer der Top-Attraktionen der Region – nämlich zum Valle de la Luna – geht.
Die besten Ausflüge rund um San Pedro de Atacama
#1: Das Geysirfeld El Tatio auf 4300 Höhenmetern
Gleich am ersten Morgen möchte ich ein Highlight der Umgebung besuchen. Dafür gilt es früh – eigentlich mitten in der Nacht – aufzustehen und sich dick einzupacken. Um 4 Uhr morgens zuckeln nämlich bereits die Busse durch die Straßen, um die Touristen für diese Tour einzusammeln. Und dann geht’s innerhalb von zwei Stunden durch Dunkelheit in einer teils beängstigend rasanten und ruckeligen Fahrt auf eine Höhe von 4300 Metern über dem Meeresspiegel.
Ich muss gestehen, ich bin nervös während der Fahrt. Erste Symptome der Höhenkrankheit können bereits ab etwa 2500 Höhenmetern auftreten – die wir heute immerhin weit überschreiten werden – und können sich beispielsweise in Kopfschmerzen, Atemnot, Schwindel, Benommenheit oder Übelkeit äußern. Ob ich die Höhenluft wohl spüren werde oder zu den Glücklichen gehöre, die keinerlei Symptome bemerken? Ich mache es kurz: ich gehöre leider zur ersten Gruppe. Als ich, am Geysirfeld angekommen, aus dem Bus steige, haut es mich kurz fast aus den Socken, so schwindelig ist mir. Außerdem merke ich, dass ich nach nur wenigen Metern zu Fuß bereits außer Atem bin. Es dauert etwa fünf bis zehn Minuten bis der Boden unter meinen Füßen nicht mehr zu schwanken scheint. Dann setzen leider Kopfschmerzen ein, die mich noch bis zum Nachmittag begleiten werden.
Am Geysirfeld sind es nur knapp über 0 Grad Celsius. Als wir ankommen, ist es immer noch dunkel. Wir laufen vorsichtig zwischen den Geysiren umher, welche dampfen, blubbern und vor sich hin gurgeln. Als es hell wird, gibt es nicht nur die das Geysirfeld umgebenden Vulkane zu bestaunen, sondern auch noch ein für (Nord-) Chile typisches Käse-Schinken-Sandwich und einen Coca-Tee zum Frühstück, der gut gegen die Höhenkrankheit sein soll, da Coca-Blätter unter anderem die Sauerstoffaufnahme verbessern.
Mein Highlight der Tour kommt, als wir schon fast wieder auf dem Rückweg nach San Pedro sind, bei einem Aussichtspunkt über die chilenische Hochlandschaft. Ich finde die Umgebung einfach unglaublich. Außerdem sehe ich hier zum ersten Mal wildlebende Vicuñas. Optisch ähneln sie Lamas, wobei sie jedoch kleiner, schlanker und nicht so wuschelig sind.
#2: Das einzigartige Valle de la Luna (Moon Valley)
Noch am gleichen Nachmittag geht es zum nächsten Highlight der Region; ins Valle de la Luna. Die meisten Touren in das – dem Namen nach – Mondtal starten um 16 Uhr. Das ist auch die Zeit, in der es so richtig voll wird in San Pedros Straßen, denn jeder will diese einzigartige Landschaft sehen. Zu Recht!
Das Tal des Mondes macht seinem Namen alle Ehre. Durch die nahezu vegetationslose Landschaft kann man tatsächlich den Eindruck gewinnen, gerade für einen kleinen Ausflug auf dem Mond gelandet zu sein. Zu Fuß geht es durch die meterhohen Sandberge und bizarren Felsformationen. Die Kontraste zwischen den rötlich-braunen Felsen, den weißen Salz- und Gipskrusten auf dem Boden, den sandfarbenen Dünen und dem strahlend blauen Himmel, an dem sich heute auch noch ein paar weiße Wolken tummeln, sind wirklich beeindruckend und wunderschön. Mit dem aufkommenden windigen Lüftchen sind selbst die Temperaturen trotz strahlendem Sonnenschein und ohne ein Schattenplätzchen weit und breit angenehmer als erwartet.
Ohne Zweifel versteht sich, warum dieser Ort zu den Highlights der Region gehört. Und um dem Ganzen noch die Kirsche obendrauf zu setzen, geht es am Ende des Tages noch zu einem Aussichtspunkt, von wo man den Sonnenuntergang über dem Mondtal beobachten kann. Natürlich haben das alle anderen Touren auch vor und so gilt es, sich damit abzufinden, dieses Schauspiel mit vielen anderen Menschen gemeinsam zu erleben. Und tatsächlich tut es der Magie des Moments keinen Abbruch. Das Valle de la Luna ist im orange-roten Licht der untergehenden Sonne einfach spektakulär!
Ein kleiner Tipp, falls ihr selbst auf die Tour geht: ihr solltet unbedingt an festes Schuhwerk, Sonnenschutz und Wasser denken! Im Sonnenuntergang kann es zudem ein wenig windig und frisch werden. Am besten eine leichte Jacke zum Überwerfen einpacken.
#3: Ein Tag im chilenischen Hochland
Am nächsten Tag geht es dann auf eine Tour ins chilenische Altiplano und somit erneut auf 4200 Meter über dem Meeresspiegel. Auch diesmal merke ich die Höhe durch Schwindel in den ersten Minuten und durch mal mehr, mal weniger starke Kopfschmerzen während der Tour. Aber man scheint sich tatsächlich an die Höhe zu gewöhnen, denn insgesamt fühle ich mich schon besser als beim Ausflug zu den Geysiren. Außerdem werden die körperlichen Strapazen schnell belohnt. Nicht etwa mit dem wieder typischen Käse-Schinken-Sandwich und einem Coca-Tee zum Frühstück, aber mit einer einzigartigen und durch ihre Farbkontraste fast unecht wirkenden Lagunenlandschaft sowie einer ganzen Herde Vicuñas, die am Wegesrand grast.
Frühstückspause an der Laguna Miscanti und der Laguna Miniques.
Am frühen Nachmittag erreichen wir die wunderschöne Laguna Chaxa. Die Perfektion der Natur, die ich dort sehe, berührt mich zutiefst und bereitet mir Gänsehaut. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr raus. Aus dem Fotografieren ebenso wenig, wobei mir völlig klar ist, dass sich diese Schönheit, diese Farben, die Reflektionen auf dem Wasser, die Grazilität der Flamingos und diese natürliche Ruhe nicht einmal annähernd in einem Foto oder Video einfangen lassen. Dafür brennen sich die Bilder und das Gefühl der Ehrfurcht vor dieser wunderschönen Naturkulisse umso mehr in meine Erinnerung ein.
#4: Und dann war da noch… Bolivien.
San Pedro de Atacama liegt nur eine etwa einstündige Fahrt vom bolivianischen Grenzübergang entfernt. Dass Bolivien in San Pedro de Atacama zum Greifen nah ist, erfährt man spätestens bei einem Spaziergang durch das Wüstendorf, wo alle 10 Meter eine weitere Reiseagentur mit einer 3- oder 4-Tagestour durch das bolivianische Hochland und einem Besuch des Salar de Uyuni – dem größten Salzsee der Welt – wirbt.
Nun weiß ich nicht, ob ihr Reiseträume habt. Sehnsuchtsorte, die ihr in eurem Leben unbedingt einmal live und in Farbe gesehen und erlebt haben wollt. Der Salar de Uyuni war genau so ein Sehnsuchtsort für mich. Und nun war ich ihm so nah! Leider umgeben diese Touren auch viele Horrorgeschichten von Reisenden – Geschichten von betrunkenen Fahrern, Unfällen, kaputten Autos und Höhenkrankheit. Und so hat der Gedanke an dieses Abenteuer einen richtigen Gefühlscocktail in mir ausgelöst. Zutaten waren da unter anderem Angst, Unsicherheit, Nervosität und Ungewissheit, aber eben auch eine große Portion Neugierde, Faszination und Abenteuerlust. Am Ende hat es mich (und meinen Liebsten) einige Nerven gekostet, bis ich mich entschieden habe, die Tour trotzdem zu machen.
Und es war FANTASTISCH! Mehr zu der atemberaubenden Mehrtages-Tour zum Salar de Uyuni findet ihr hier auf dem Blog!
Ein guter Rat zum Schluss
Wenn ihr in Chile seid, lasst euch den Norden und die Chance auf Bolivien nicht entgehen!
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