Es ist ein schöner Sommermorgen im August. Ich stehe neben der Bergbahn in Obergurgl (1927m), schnüre meinen Rucksack strammer, rücke meine Kamera noch einmal zurecht und wandere los in Richtung Obergurgler Zirbenwald. Letztes Jahr habe ich an gleicher Stelle meine Wanderung zur Hohen Mut Alm begonnen. Die erste Wegetappe – vorbei an Davids Hütte, durch den Zirbenwald zur Schönwieshütte – wird heute dieselbe sein wie im letzten Jahr, dann aber wird sich der Weg gabeln und ich in eine andere Richtung weiterziehen.
Zirbenwald bis Schönwieshütte
Schon nach ein paar Gehminuten passiere ich Davids Hütte. Von dort folge ich dem Weg direkt in den Zirbenwald hinein. Über Wurzeln und Steine steige ich den Trampelpfad empor, meine Schritte klingen dabei dumpf auf dem Waldboden auf. Wenig später halte ich kurz inne und genieße den Ausblick über das unter mir liegende Dorf.
Schließlich lichtet sich der Zirbenwald und eröffnet Ausblicke auf grüne und weite Wiesen sowie Blicke ins Tal.
Der einfache Trampelpfad führt nun weiter die Wiesen empor. Ich gelange in einen richtigen “Flow” und vergesse die Zeit. Ein Schritt nach dem anderen, Schritt für Schritt, für Schritt… Und dann sehe ich, plötzlich, schon nach 45 Gehminuten die Schönwieshütte zu meiner Rechten. Im letzten Jahr war sie noch im Bau, mittlerweile ist sie fertig und in ihrem Endzustand. Leider muss ich feststellen, dass sie mir inmitten der idyllischen Alpenkulisse irgendwie fremd und fehl am Platze vorkommt. Vielleicht ein wenig zu modern.
Schönwieshütte zur Langtalereckhütte
Da es für eine längere (Mittags-) Pause noch zu früh ist, kehre ich in die Schönwieshütte nur für einen flüchtigen Blick ein und mache mich dann weiter auf den Weg in Richtung Langtalereckhütte. Dieser führt zunächst kurz bergauf, wieder einige Meter bergab und schlängelt sich dann kurvenreich am Berg entlang. Außer mir ist niemand auf dem Weg zu sehen. Ich genieße die Ruhe der Umgebung und die tollen Bergaussichten in vollen Zügen. Der Schotterweg ist dabei angenehm zu laufen.
Irgendwann halte ich inne. Da war doch ein Pfeifen… Murmeltiere! Ich schaue mich um und erblicke tatsächlich eines einige Meter über mir. Ich freue mich riesig, da ich die Tiere bei Wanderungen bisher nur hören, aber nie wirklich habe beobachten können.
Ich filme und fotografiere und irgendwann springt dann nicht nur das Murmeltier pfeifend weiter, sondern auch ich. Ich passiere einen kleinen Wasserfall über ein paar Holzlatten und wenig später sehe ich aus der Entfernung schon die Hütte. (Denke ich zumindest.) Bis dahin sind allerdings noch ein paar Höhenmeter zu bewältigen. Und tatsächlich hat der Anstieg es dann über eine kurze Strecke ganz schön in sich.
Ein paar Mal pausiere ich um Fotos zu machen und tief durchzuatmen. Zum Glück ist die Höhenluft trotz des sonnigen Tages kühl und angenehm. Erst kurz bevor ich die Hütte erreiche, bemerke ich, dass es sich zwar um eine Hütte, nicht aber um eine Einkehrmöglichkeit und schon gar nicht um die Langtalereckhütte handelt. Ernüchterung! Meine Oberschenkel brennen, mein Herz pocht und durstig bin ich auch. Die Erleichterung folgt dann glücklicherweise nur ein paar Schritte weiter. Hinter der nächsten Kurve sehe ich schon die “richtige” Hütte. Die letzten Meter muss ich mir durch eine Schafherde hindurch bahnen, aus der mich einige tierische Augenpaare skeptisch und fast vorwurfsvoll anzuschauen scheinen, dann trudele ich ins heutige Tagesziel ein. Bis hierhin war ich etwas mehr als zwei Stunden unterwegs.
Auf der hölzernen Sonnenterasse mit Blick auf den Gletscher gönne ich mir – wie immer – ein großes Schiwasser und ruhe mich aus. Ich bin zufrieden mit dem heutigen Weg. Eine schöne und von der Wegbeschaffenheit und Weglänge angenehme und recht leichte Strecke mit tollen Aussichten.
Auf dem Rückweg, der über die gleiche Strecke erfolgt, verweile ich dann noch ein wenig länger an der mittlerweile gut besuchten Schönwieshütte. Am See vor der Hütte grast eine Haflingerherde und schafft vor den Bergen eine tolle, fast ein wenig kitschige, Kulisse. Auf einer Bank genieße ich den Anblick und freue mich über diesen gelungenen Wandertag in den Ötztaler Alpen.
“Wer ans Ziel kommen will, kann mit der Postkutsche fahren, aber wer richtig reisen will, soll zu Fuß gehen.” (Jean-Jacques Rousseau)
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