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Spektakuläre Aussichten – Kommt mit zur Bielefelder Hütte in Hochötz, Tirol

“Wandern ist eine Tätigkeit der Beine – und ein Zustand der Seele.” (Josef Hofmiller)

Es sind 10.15 Uhr am Morgen, ich bin erst seit einer halben Stunde unterwegs, Schweißperlen stehen mir auf der Stirn und auf der Oberlippe, mein Atem geht schnell, alle paar Minuten gönne ich mir ein kleines Päuschen um kurz durchzuatmen. Das anfängliche Unbehagen, allein in den tiefsten Wald hineinzuwandern, ist so gut wie vergessen, die Konzentration darauf, nicht über eine Wurzel oder einen Stein zu stolpern, überwiegt. Meine Schritte erklingen dumpf auf dem Waldboden. Noch ein paar Meter weiter und ich sehe Licht durch das Dickicht des Waldes und tatsächlich! Ich bewege mich auf eine Lichtung und die ersten geraden Meter Boden seit dem Losgehen zu. Wenige Meter weiter wird die Müh’ des Hochgehens zum ersten Mal belohnt, mit einem Blick über den saftig-grünen Wald, durch den ich mich gerade einige hundert Höhenmeter hochgekämpft habe. Zu diesem Zeitpunkt ahne ich noch nicht, wie viel besser es sogar noch werden würde. So viel besser!

Erstes Etappenziel – Die Balbach Alm (auf 1957 Meter)

Mein Weg startete in Ochsengarten (1542 m über NN) im Ötztal. Mein Ziel: die Bielefelder Hütte in Hochötz, von der es wunderbare Aussichten ins Inntal und auf die umliegenden Berge geben soll. Mein erstes Etappenziel ist aber die Balbach Alm (1957 m), die ich bereits sehen kann als ich aus dem kühlen Waldabschnitt stiefele. Und als ob das nicht schon Belohnung genug wär’, eröffnet sich in diesem Moment das erste schöne Bergpanorama des Tages und auch die Sonne lugt endlich mal aus der dichten Wolkendecke hervor.

Nach einer Stunde Wanderung erreiche ich schließlich gut gelaunt die Alm. Das Bergpanorama ist so schön, dass die Anstrengung des Aufstiegs durch den Wald bereits vergessen ist.

Noch 45 Minuten Aufstieg bis zur Bielefelder Hütte

Auf der Alm hole ich mir flott meinen Bergpass-Stempel ab (vielleicht schaffe ich diese Woche ja noch die Silberne Wandernadel… ein bisschen zusätzliche Motivation kann jedenfalls nicht schaden) und gehe dann weiter, denn ich will mehr: Mehr Bergpanorama, mehr Bewegung, mehr Hüttenatmosphäre. Die Euphorie packt mich geradezu!

Manchmal liebe ich Klischees: die Bielefelder Hütte

Etwa zwei Stunden nachdem ich in Ochsengarten losgegangen bin, komme ich an der Bielefelder Hütte (2150 m) an. Gleichzeitig zu meiner Ankunft ertönt ein romantisches Berglied von zwei Herren in Tiroler Trachten, die auf einem Berghang stehen (no kidding!). Es ist so schmalzig klischeebehaftet, dass ich es sofort liebe! Ich sehe mich ein wenig um, betrachte das wirklich atemberaubende Bergpanorama, mache ein paar Fotos und setze mich dann auf die Sonnenterrasse an der Hütte. Ich bestelle bei der Bedienung im Dirndl einen Germknödel mit Vanillesauce und ein Skiwasser. Währenddessen ertönt das Kufstein-Lied mit Akkordeon und “Holla-rä-di-ri, di-ri,-di-ri”. Ob es nur die Magie des Moments ist, vermag ich nicht zu bewerten, aber als ich meinen pflaumigen Germknödel koste, finde ich, es ist der beste Germknödel, den ich je gegessen habe!

Und dann die spontane (über-euphorische) Idee: zu Fuß runter ins Tal.

Nach dem Ausruhen und der Stärkung fühle ich mich richtig gut. Satt und glücklich. Der Tag ist erst angebrochen, was mich – von der Begeisterung der wunderschönen, weiten Aussichten gepackt – dazu bringt, spontan zu entscheiden, zu Fuß ins etwa 1200 Höhenmeter und circa drei Stunden Fußweg entfernte Tal herunterzulaufen. Und das, obwohl von hier oben eine Gondel ganz bequem ins Tal hinunterrappelt. Ich hab ja auch mal gehört, dass mancher Mensch in der Höhenluft keinen klaren Gedanken mehr fassen kann… aber nun gut. Ich jedenfalls stapfe optimistisch von der Bielefelder Hütte los ins Tal.

Nach einer halben Stunde kehre ich kurz in die Acherberg Alm ein (Stempel holen, versteht sich!) und dann laufe ich und laufe und laufe. Schöne Aussichten: Fehlanzeige. Ein ziemlich einsamer, serpentinenartiger Weg. Ich sag’ sogar einer Kuh am Wegesrand irgendwann “Grüß Gott!”. Sie antwortet nicht. Blöde Kuh! Dann geht’s querfeldein in den Wald, ziemlich steil hinab. Etwa auf halber Strecke zum Tal merke ich, wie mir die Kraft langsam aus den Beinen schwindet, die Oberschenkel werden zittrig, die Schienbeine schmerzen. Ich denke nur noch “Runter, irgendwie!” und “Bloß nicht hinsetzen und ausruhen, sonst kommst du nicht mehr hoch.” Und ich laufe und stolpere und laufe. Obwohl das Tal kaum näherzukommen scheint, erreiche ich es nach knappen zweieinhalb Stunden doch noch.

Ich kann jetzt nicht behaupten, dass bei meiner Ankunft in Ötz der Schmerz in den Beinen vergessen ist, aber immerhin stellt sich Stolz ein, es geschafft zu haben! Und das macht es besser, viel besser. Und dann habe ich eigentlich nur noch recht simple Wünsche: eine Dusche, eine wohlverdiente Mahlzeit und endlich die Füße hochlegen!

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